
Die Initiative Minderheiten setzt sich seit ihrer Gründung im Jahr 1991 für die Rechte von Minderheiten ein. Dadurch hat sie maßgeblich zur Stärkung der Sichtbarkeit und Repräsentation diskriminierter Gruppen beigetragen. Bereits 1991 entwickelte sie das richtungsweisende Konzept der minoritären Allianzen und rückte damit unterschiedliche, aber vergleichbare Diskriminierungsformen in den Mittelpunkt. Mit diesem Ansatz kämpft sie gemeinsam mit Verbündeten gegen Rassismus, Antiziganismus, Antisemitismus, Homophobie und Ableismus. Als eine der ersten Organisationen in Österreich wurden diese Diskriminierungsformen zusammengedacht. Seit mehr als drei Jahrzehnten entwickelt und gestaltet die Initiative Minderheiten Bildungsprogramme in Form von Diskussionsveranstaltungen, Ausstellungen, Symposien, Workshops, Publikationen und Radiosendungen (siehe: WAS WIR TUN – MISSION STATEMENT).
WOFÜR DIE INITIATIVE MINDERHEITEN STEHT
Die Initiative Minderheiten verfolgt eine Politik, die nicht entlang von Identitätskategorien und Abgrenzungen operiert, sondern die auf Solidarität zwischen einzelnen minoritären Gruppen beruht. Diesem Verständnis liegt ein breiter Minderheitenbegriff zugrunde, der wie folgt definiert wird:
Eine Minderheit bilden Personen, die aufgrund ihrer ethnischen, sozialen oder religiösen Zugehörigkeit, sexuellen Orientierung oder Behinderung Diskriminierung erfahren. Diskriminierung ist strukturell als Ausschluss von bestimmten Rechten zu sehen, individuell als Erfahrung von Ausgrenzung und historisch als Verfolgung und Unterdrückung einer Gruppe. Dazu gehören in Österreich unter anderem die sechs gesetzlich anerkannten Volksgruppen, Migrant*innen, Asylwerber*innen und Geflüchtete, People of Color (PoC), Jüd*innen, LGBTIQs und Menschen mit Behinderungen. Die Grundlage für diese Definition ist nicht die geringere Zahl der Gruppenmitglieder, sondern ihre geringere Macht gegenüber einer hegemonialen Mehrheit.
Der aus der Behindertenbewegung stammende Leitsatz der Selbstvertretung – „Nichts über uns ohne uns“ – prägt das Selbstverständnis. Dies zeigt sich sowohl in der Zusammensetzung des Teams als auch in der inhaltlichen Ausrichtung von Projekten, die stets unter aktiver Mitgestaltung der betroffenen Personen umgesetzt werden.
AUSZEICHNUNGEN
Die Initiative Minderheiten erhielt im Jahr 2023 den Demokratiepreis der Margaretha Lupac-Stiftung (Preisverleihung: Fotogalerie) und im Jahr 2025 den Barbara-Prammer-Preis des Verbands Österreichischer Volkshochschulen verliehen. Radio STIMME wurde mehrmals mit dem Radiopreis der Erwachsenenbildung ausgezeichnet.
GRÜNDUNGSIDEE
Gegründet im Jahr 1991 um ein Jahr der Minderheiten auszurufen, entwickelte sich die Initiative Minderheiten in den drei Jahrzehnten ihres Bestehens zu einer österreichweit vernetzten Plattform, die sich für die Förderung des Zusammenlebens von Minderheiten und Mehrheit einsetzt.
Die Idee ging vom Innsbrucker Physiker Michael Oertl aus, der auch der erste Obmann war. Gemeinsam mit den Mitstreiter*innen Ursula Hemetek, Vladimir Wakounig, Helga Pankratz (†), Erwin Riess (†), Waltraud Riegler, Beate Eder-Jordan, Franjo Schruiff, Gerald Nitsche und anderen verfolgte er einen minderheitenübergreifenden Ansatz, der sowohl die österreichischen Volksgruppen als auch Migrant*innen und Geflüchtete, LGBTIQs und Menschen mit Behinderung inkludiert. Ebenso wichtig war von Anfang an das gemeinsame politische und solidarische Handeln von Minderheitenangehörigen und der Mehrheitsgesellschaft. Die spätere Obfrau, die Ethnomusikologin Ursula Hemetek und ihr Stellvertreter Michael Oertl, haben die Initiative Minderheiten entscheidend geprägt. Seit 2002 hat der Klagenfurter Bildungswissenschaftler Vladimir Wakounig den Vorsitz inne.
Bereits im Gründungsjahr erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift STIMME, deren Blattlinie sich aus dem minderheitenübergreifenden Ansatz ergab. Die ersten Redakteure waren Gerhard Hetfleisch, Haydar Sari und Vinko Pašalić (†). Im Jahr 1993 übernahm Hakan Gürses die Redaktion und seit 2008 ist Gamze Ongan Chefredakteurin der STIMME.
Die Bildung von minoritären Allianzen, ein von Hakan Gürses für die Initiative Minderheit geprägter Begriff, der über einen identitätspolitischen Ansatz hinausgeht, wurde zur Leitlinie. Durch die Bündelung der gemeinsamen Kräfte soll auf ähnliche Diskriminierungsformen aufmerksam gemacht werden, um gemeinsam gegen Rassismus, Homophobie, Antiziganismus, Ableismus und Antisemitismus vorzugehen. In diesem Zusammenhang hat Hakan Gürses auch den Begriff Politik der Minderheiten als Gegensatz zu Minderheitenpolitik (als von anderen gemachte Politik für Minderheiten) etabliert.
Die vom 8. bis 10. Dezember 1994 gemeinsam mit der Gesellschaft für politische Aufklärung im Wiener Don-Bosco-Haus veranstaltete Tagung der Minderheiten war der erste Schritt zur Bildung dieser minoritärer Allianzen. Nach dem Bombenattentat in Oberwart in der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1995, bei dem vier Roma-Angehörige getötet wurden, veranstaltete die Initiative Minderheiten am 10. Februar 1995 eine Presskonferenz mit Stellungnahmen verschiedener Minderheitenvertreter*innen. Mit Ilija Jovanović (†) (Romano Centro), Waltraud Riegler (HOSI Wien), Terezija Stoisits (Die Grünen), Franci Zwitter (†) (Zentralverband der Kärntner Slowenen), Sigi Maron (†) (Behindertenaktivist), Lena Rothstein (Sängerin und Schauspielerin), Ruža Nikolić-Lakatos (†) (Sängerin und Roma-Aktivistin), André Heller (Künstler) und Ursula Hemetek (Initiative Minderheiten) wurde nicht nur ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit den Opfern von Oberwart gesetzt, sondern auch die breite Allianz der Initiative Minderheiten sichtbar gemacht.
Die Initiative Minderheiten hat in den mehr als dreißig Jahren mit ihren Büros in Wien und Innsbruck viele Projekte durchgeführt und immer wieder zu politischen Ereignissen Stellung bezogen. Dies war und ist nur durch die Arbeit der Gründungs- und Vorstandsmitglieder, der STIMME- und Radio STIMME-Redakteur*innen sowie der Projekt- und Büromitarbeiter*innen möglich. Anlässlich der 100. Ausgabe der STIMME wurden sie hier ins Bild gerückt.