Die aktuelle Ausgabe der STIMME: #117/2020 Klangheimaten: Musik und Minderheiten

Die letzte Stimme-Ausgabe zu Musik und Minderheiten haben wir vor acht Jahren gestaltet (83, Sommer 2012). „Wider Ethnisierung und Kulturalisierung“ nannte damals Ursula Hemetek ihren Beitrag: „ein Rückblick auf 22 Jahre Ethnomusikalische Minderheitenforschung“. Seit 2018 ist Hemetek, Ethnomusikologin und Begründerin des Minderheitenschwerpunkts an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw), Trägerin des hochangesehenen Wittgensteinpreises.

Die Musikwissenschaftlerin, der diese Anerkennung für ihre Leistungen in der Minderheitenforschung zuteil wurde, baute mit dem Wittgensteinpreis das Music and Minorities Resarch Center (MMRC) an der mdw auf. Die Initiative Minderheiten, deren Mitbegründerin und langjährige Obfrau sie war, nennt Hemetek als „die wichtigste Kooperationspartnerin“ für die gesellschaftliche Umsetzung der MMRC-Forschung. Wir fühlen uns geehrt.

Das vorliegende Stimme-Heft „Klangheimaten“ entstand als erstes Produkt dieser Kooperation mit dem MMRC-Team und ist dem Themenkomplex Musik im Kontext von Minderheiten gewidmet.

Einleitend zeichnet Ursula Hemetek in einem sehr persönlichen Beitrag den Weg von der Entdeckung der Rolle von Musik in der Auseinandersetzung mit „Ungleichheit“ über die Entstehung des Schwerpunkts Ethnomusikologische Minderheitenforschung bis zur Verleihung des Wittgensteinpreises und der Gründung des MMRC nach.

Was bedeutet Musik im Kontext von Flucht? Und kann sie zur politischen Handlungsfähigkeit beitragen? Ioannis Christidis, Ethnomusikologe und Aktivist, nähert sich diesen Fragen anhand der Geschichte von Ismail, einem syrischen Musiker auf der Flucht nach Europa.
English Version: We, the strangers

Vom Musikgeschehen einer anderen Community, deren Mitglieder ebenso nach Österreich flüchten mussten, handelt der Beitrag des Musikwissenschaftlers Marko Kölbl: die florierende Musikszene der afghanischen Diaspora in Wien – eine Gegenerzählung zur pauschalen Diskreditierung der Afghan*innen.

Wer Übergriffe fürchten muss, wenn er seine Identität offen lebt, braucht einen safe space. Julia Fent, wissenschaftlich in den Gender Studies verortet, widmet sich in ihrem Beitrag der Entstehungsgeschichte sowie den aktuellen Formen des Voguing in Wien.

Tonica Hunter, Aktivistin in zahlreichen Kollektiven und Mitbegründerin von „Sounds of Blackness“ diskutiert mit Schwarzen Musiker*innen über die aufgezwungene minderheitliche Position und ihre Selbstsicht im Musikbusiness. English Version: We are left in the dark

Marie-Thérèse Kiriaky ist Mitbegründerin der Arab-Austrian Women’s Organization. Ioannis Christidis sprach mit der Österreicherin syrischer Herkunft über ihr humanitäres Projekt „Balsam“ und ihre zahlreichen Musikprojekte, darunter das NAI Oriental Orchestra and Choir.
English Version: Music can build bridges between people

Heuer feiern gleich zwei österreichische Rockbands Jubiläum: Bruji wird mit „Krowodnrock“ 40, die Kärntner Slowenische Band Bališ 20 Jahre alt. Ursula Hemetek und Marko Kölbl fragten sie zu ihrer jeweiligen Entstehungsgeschichte, der politischen Relevanz und den Errungenschaften.

Damit Sie Exemplare aus den hier textlich behandelten Musikrichtungen auch hören können, hat Radio Stimme die Sendung „Andere Hymnen“ – ein hörbares Äquivalent zu unserer Spezialausgabe gestaltet. Melanie Konrad informiert in der Nachlese darüber, was Sie dort erwartet. Und nicht zuletzt stellt Duygu Özkan die syrische Sängerin Basma Jabr vor, die ihren früheren Nebenerwerb Musik in Wien zum Beruf machte.

Seit genau zwei Jahren porträtiert Duygu Özkan für die Stimme Menschen, deren Geschichten kaum Platz in den Mainstream-Medien bekommen. Mit dieser Ausgabe verlässt Duygu uns – vorübergehend wie wir hoffen. Liebe Duygu, einen ganz herzlichen Dank für all die Geschichten über all die faszinierenden – wohl nicht durch Zufall ausschließlich – Frauen, die wir über dich kennenlernen durften! Wir hoffen sehr, dich in zwei Jahren wieder als Stimme-Kolumnistin begrüßen zu dürfen. Und wünschen dir derweil alles Gute und viel Freude!

Musik kräftigt das Selbstwertgefühl, Musik ermöglicht Selbstverortung. Sie bietet einen safe spaceund hilft, Träume zu artikulieren. Und Musik hilft, den Mut zum Widerstand zu stärken. Diese Sätze habe ich den Textbeiträgen in diesem Heft entnommen. Nehmen Sie „Klangheimaten“ zum Anlass, dem Winter mit viel guter Musik zu begegnen!

Gamze Ongan, Chefredakteurin


Stimmlage: Politische Seelenleiden im Herbst – von Hakan Gürses

Musik: The Songs We Still Remember – von Ioannis Christidis & Bendewari/Intizar/Longing – von Hande Sağlam

Groll: Wiener Massaker – von Erwin Riess


Die aktuelle Ausgabe der STIMME ist in Kooperation mit dem Music & Minorities Research Center (MMRC) entstanden.


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